Tageschronik
Sonntag 14.04.2024
Am Nachmittag versammelten sich die Vertreterinnen der Karmelitinnen aus aller Welt zur Überarbeitung ihrer Konstitutionen im Zentrum Ad Gentes in Nemi. Begleitet werden sie von P. Miguel Márquez, P. Agustí Borrell, P. Rafal Wilkowski und P. Juan Pablo Patiño. Als Übersetzer fungieren P. Alfredo Amesti, P. Ramiro Casale, P. Angelo Lanfranchi und P. José Pereira, während die Missionskarmelitin, Schwester Lidia Wrona, die Moderation übernommen hat.
Nach dem Abendessen eröffnete Pater Miguel das Treffen mit einem Gebet und einer Mitteilung. Alle Schwestern werden mit Hilfe einer Weltkarte vorgestellt, auf der jede Föderation geografisch verortet ist und Informationen über jede Gruppe von Klöstern liefert.
Schwester Lidia stellt dann die in neun, nach Sprachen gebildeten Arbeitsgruppen vor, und zeigt dann ein kurzes Video, über das wir in einer ersten Gruppensitzung diskutiert haben, bevor sie den Tag abschließt.
Montag, 15.04.2024
Der Tag beginnt mit der Laudes und der Eucharistie um 7:00 Uhr.
Nach dem Frühstück treffen wir uns in der Aula Magna, wo Pater Agustí Borrell eine Zusammenfassung des Vortages vorstellt und Schwester Lidia in das Tagesprogramm einführt.
Zu Beginn hält P. Salvador Ros OCD einen Vortrag zum Thema „Die Bedeutung der Konstitutionen im Denken der heiligen Teresa“; dabei stützt er sich auf drei Quellen: die Regel des Karmel, die ersten Konstitutionen und den Weg der Vollkommenheit.
Nach dieser Einführung wurde in den Sprachgruppen nach der Methode des Synode des „Gesprächs im Geist“ gearbeitet; am Ende des Vormittags wurden die Ergebnisse aus den einzelnen Gruppen zusammengetragen, gefolgt vom Mittagessen.
Am Nachmittag hielt Schwester Simona Brambilla, Consolata-Missionsschwester, Sekretärin des Dikasteriums für das geweihte Leben und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, einen Vortrag über die Bedeutung der Erneuerung der Konstitutionen und die Wichtigkeit dieses Moments für jede geistliche Familie als einer Gelegenheit zur Neugeburt.
Nach dem Vortrag und einem kurzen Austausch arbeiteten wir wieder in Gruppen und beschlosen den Tag mit der Vesper und dem Abendessen um 20:30 Uhr.
Dienstag, 16.04.2024
Wir begannen den Tag mit der Feier der Eucharistie mit Laudes. Die Liturgie wurde von den Schwestern der lateinamerikanischen Föderationen gestaltet.
In der Aula stellte Sr. Lidia die vorgegebene Tagesordnung für die Arbeit des Vormittags vor. Pater Agustí gab dann einen Überblick über die Arbeit am Montag, gefolgt von der Gruppenarbeit, die die Schwestern am vorherigen Nachmittag durchgeführt hatten.
P. Miguel Márquez sprach zum Thema „Der Teresianische Karmel heute“, mit seinen Problemen, Herausforderungen und Hoffnungen.
Es folgte eine Podiumsdiskussion mit zwei Karmelitinnen, die ihre Sichtweisen und Alltagserfahrungen aus zwei verschiedenen geografischen Gebieten darlegten: Es waren die Niederlande und Indonesien.
Der Nachmittag begann um 15 Uhr mit dem Austausch über die Gespräche am Vormittag. Es folgten ein Vortrag von P. Rafal Wilkowski zum Thema der Konstitutionen als dem in juristische Form gekleideten Propositum Vitae und dann Gruppenarbeit mit einer Zusammenfassung im Plenum. Schwester Lidia und P. Agustí rekapitulierten alles, was zum Abschluss beigetragen worden war.
Der Tag endete mit der Vesper, dem Abendessen und einer Probe für die Mittwochsliturgie durch die Karmelitinnen der englischsprachigen Föderationenen.
Mittwoch, 17.04.2024
Wie an den vorangegangenen Tagen begann der Tag um 7:00 Uhr mit den Laudes und der Eucharistiefeier, die heute von den englischsprachigen Schwestern gestaltet wurden.
Nach dem Frühstück begann die Arbeit des Tages um 8.45 Uhr in der Aula mit der Zusammenfassung der gestrigen Arbeit durch Pater Agustí Borrell. Pater Rafal Wilkowski gab dann noch eine kurze Ergänzung zu seinem Vortrag vom Vortag und beantwortet einige Fragen zu diesem Thema.
Dann führte Sr. Lidia in den Tag ein. Die Karmelitinnen sind eingeladen, den ganzen Tag über in Gruppen zu arbeiten und sich dabei von der Gesprächsmethode leiten zu lassen, die bei der Synode angewandt wurde.
Um 13 Uhr findet, wie jeden Tag, das gemeinsame Mittagessen statt. Ab 15.30 Uhr ging es mit dem Austausch über die Gruppengespräche vom Vormittag weiter. Nach einigen praktischen Hinweisen von Pater General für den Donnerstagmorgen und einer 15-minütigen Pause folgten wieder Gruppengespräche. Der Nachmittag endete mit der Vesper, die von den englischsprachigen Schwestern liturgisch gestaltet wurde, gefolgt von einer Zeit des stillen Gebets. Dann gab es Abendessen und Zeit für weiteren Austausch.
Donnerstag, 18.04.2024
Der heutige Tag begann früher als sonst, da wir zur Audienz beim Heiligen Vater eingeladen waren, und so brach die ganze Gruppe nach dem Frühstück um 5.30 Uhr zusammen mit den Brüdern und Sr. Lidia zu diesem Treffen auf.
Nachdem sie auf dem Petersplatz gewartet hatten, fand um 8.30 Uhr die Audienz bei Papst Franziskus statt. Er lud uns ein, „neue Sprachen, neue Wege und neue Instrumente zu finden, um das kontemplative Leben, zu dem der Herr uns berufen hat, mit größerer Begeisterung zu fördern, damit das Charisma erhalten bleibt – das Charisma ist das gleiche – und damit es zur Ehre Gottes und zum Wohl der Kirche verstanden werden und viele Herzen anziehen kann.”
Nach dem Päpstlichen Segen und einer Besichtigung des Petersdoms kehrten die Teilnehmerinnen zum Mittagessen an den Tagungsort zurück.
Um 15:30 Uhr begann die Nachmittagssitzung in der Aula. Die Schwestern waren zu einer Zeit des stillen Gebets und der Betrachtung all dessen, was in diesen Tagen erarbeitet worden war, eingeladen, um es dann in Arbeitsgruppen und im Plenum mitzueilen.
Der Tag endete mit der Vesper und der Messe, und dem Abendessen um 19.30 Uhr.
ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE OBERINNEN UND DELEGIERTEN DER UNBESCHUHTEN KARMELITINNENKonsistoriensaal
Donnerstag, 18. April 2024Guten Tag, willkommen!
Ich werde auf Spanisch sprechen. Es ist mir eine Freude, mit euch zusammenzutreffen, während ihr versammelt seid, um gemeinsam über die Überarbeitung eurer Konstitutionen nachzudenken und daran zu arbeiten, die von 1991 oder die vorherigen, ich weiß es nicht, ihr arbeitet miteinander. Das ist ein wichtiges Treffen, weil es nicht nur einem menschlichen Bedürfnis, den Notwendigkeiten des Gemeinschaftslebens entspricht: Es handelt sich vielmehr um eine »Zeit des Geistes«, die ihr als Anlass für Gebet und Unterscheidung leben sollt. Während ihr innerlich offen bleibt für das, was der Heilige Geist euch vorschlagen will, habt ihr die Aufgabe, neue Ausdrucksweisen, neue Wege und neue Mittel zu finden, um dem kontemplativen Leben, zu dem der Herr euch berufen hat, noch mehr Schwung zu verleihen, damit das Charisma erhalten bleibt – das Charisma bleibt dasselbe – und damit es zur Ehre Gottes und zum Wohl der Kirche verstanden werden und viele Herzen anziehen kann. Wenn ein Karmel gut funktioniert, dann zieht er an. Er zieht an, nicht wahr? Es ist wie beim Licht mit den Mücken, es zieht an, zieht an.
Die Konstitutionen zu überprüfen bedeutet genau dies: die Erinnerung an die Vergangenheit aufzugreifen – man darf sie nicht verleugnen –, um in die Zukunft zu blicken. Denn ihr lehrt mich, dass die kontemplative Berufung nicht dahin führt, die Asche zu bewahren, sondern das Feuer zu schüren, damit es auf immer neue Weise brennt und Kirche und Welt erwärmt. Daher ist die Erinnerung an eure Geschichte und an das, was in den Jahren in den Konstitutionen herangereift ist, ein Reichtum, der offen bleiben muss für die Eingebungen des Heiligen Geistes, für die immerwährende Neuheit des Evangeliums, für die Zeichen, die der Herr uns durch das Leben und die menschlichen Herausforderungen gibt. So wird ein Charisma bewahrt. Es ändert sich nicht, es hört auf das, was der Herr in der jeweiligen Zeit will, und ist offen dafür.
Das gilt allgemein für alle Institute des geweihten Lebens, aber ihr als Schwestern in der Klausur erlebt dies besonders, weil ihr die Spannung zwischen der Abgeschiedenheit von der Welt und dem Eingetaucht-Sein in sie auf besondere Weise erlebt. Denn ihr flüchtet euch nicht in eine intimistische geistliche Tröstung oder in ein von der Realität abgesondertes Gebet. Im Gegenteil, ihr geht einen Weg, bei dem man sich von der Liebe Christi ergreifen lässt bis hin zur Einswerdung mit ihm, damit diese Liebe die gesamte Existenz durchdringt und in jeder Geste und jeder alltäglichen Aktivität zum Ausdruck kommt. Die Dynamik der Kontemplation ist immer eine Dynamik der Liebe, sie ist immer eine Leiter, die uns zu Gott erhebt, nicht um uns von der Erde zu entfernen, sondern um sie in der Tiefe zu bewohnen, als Zeugen der empfangenen Liebe.
Die heilige Mutter Teresa von Jesus lehrt euch dies mit ihrer Weisheit und ihrem glühenden Glauben. Sie ist überzeugt, dass die mystische und innerliche Vereinigung, mit der Gott die Seele an sich bindet und sie gleichsam mit seiner Liebe »versiegelt«, das ganze Leben durchströmt und verwandelt, ohne von den täglichen Beschäftigungen zu entfernen oder eine Flucht in die Dinge des Geistes nahezulegen. Teresa sagt, dass eine Zeit der Stille und des Gebets notwendig ist, aber man muss dies verstehen als Quelle des Apostolats und all der täglichen Aufgaben, die der Herr von uns fordert, um der Kirche zu dienen. Sie schreibt: »Marta und Maria müssen zusammengehen, um den Herrn zu bewirten und immer bei sich zu haben, und ihn nicht mit einer schlechten Bewirtung abzufertigen, indem sie ihm nichts zu essen geben. Wie hätte Maria es ihm gegeben, wo sie doch die ganze Zeit zu seinen Füßen saß, wenn ihre Schwester ihr nicht beigesprungen wäre? Seine Speise ist es, dass wir ihm auf jede nur mögliche Weise Seelen zuführen, damit diese gerettet werden und ihn auf immer preisen« (Teresa von Avila, 7. Wohnungen 4,12). So weit das Zitat, das ihr besser kennt als ich.
So besteht nicht die Gefahr, dass das innere Leben sich auf eine geistliche Trägheit beschränkt, die von den Aufgaben des täglichen Lebens ablenkt. Ein Priester, der diese Art der Mystik nicht kannte, nannte sie »die schläfrigen Nonnen«, die leben, indem sie schlafen. Aber das kontemplative Leben verleiht immer noch das innere Licht für die Gabe der Unterscheidung. Und welches Licht braucht ihr, um die Konstitutionen zu überarbeiten, wobei ihr viele konkrete Probleme der Klöster und des Gemeinschaftslebens in Angriff nehmen müsst? Es ist dieses Licht: die in das Evangelium gesetzte Hoffnung. Aber immer verwurzelt in den Gründervätern, den Gründermüttern und im heiligen Johannes.
Die Hoffnung des Evangeliums ist etwas anderes als die auf menschliches Kalkül gegründeten Illusionen. Es bedeutet, sich Gott zu überlassen und zu lernen, die Zeichen zu deuten, die er uns gibt, um die Zukunft zu erkennen, zuweilen mutige und riskante Entscheidungen treffen zu können, auch wenn in jenem Augenblick das Ziel, zu dem er uns führen wird, noch unbekannt ist. Es bedeutet, nicht nur auf menschliche Strategien, auf Verteidigungsstrategien zu setzen, wenn es darum geht, darüber nachzudenken, ob ein Kloster gehalten oder aufgegeben werden soll, über die Formen des Gemeinschaftslebens, über die Berufung. Verteidigungsstrategien sind Frucht einer nostalgischen Rückkehr in die Vergangenheit. Das funktioniert nicht, Nostalgie funktioniert nicht, die Hoffnung des Evangeliums geht in eine andere Richtung: sie schenkt uns die Freude über die bis heute gelebte Geschichte, aber sie macht uns auch fähig, nach vorne zu schauen, mit jenen Wurzeln, die wir empfangen haben. Das nennt man, das Charisma zu bewahren: der Wille voranzugehen, und das funktioniert sicher.
Blickt nach vorne. Das möchte ich euch wünschen. Blickt nach vorne mit der Hoffnung des Evangeliums und »unbeschuhten Füßen«, das heißt mit der Freiheit der Hingabe an Gott. Blickt in die Zukunft mit den Wurzeln in der Vergangenheit. Und möge euch diese vollkommene Versenkung in die Gegenwart des Herrn auch stets die Freude der Geschwisterlichkeit und der gegenseitigen Liebe schenken. Die Muttergottes möge euch begleiten. Von Herzen segne ich euch alle, ich segne eure Arbeit in diesen Tagen, ich segne eure Gemeinschaften, ich segne die Schwestern des Klosters. Und ich bitte euch, weiterhin für mich zu beten. Für mich, nicht gegen mich! Danke.
Freitag, 19.04.2024
Im Mittelpunkt des Vormittags stand die internationale Kommission für die Revision der Konstitutionen. Die Gruppen sprachen über die Kriterien für die Bildung dieser Kommission, ihre Aufgaben und Arbeitsabläufe sowie die Anforderungen an die Mitglieder und mögliche Namen.
Das Plenum verabschiedete eine Schlussbotschaft an die Schwestern und den gesamten Orden.
Schließlich wurden alle Teilnehmer gebeten, eine persönliche Bewertung des Treffens in seinen verschiedenen Aspekten abzugeben.
Abschließend erläuterte P. Miguel, der als Generaloberer die Versammlung einberufen hatte, was sofort zu tun ist, insbesondere die schnellstmögliche Bildung der internationalen Arbeitskommission. Er drückte seine Freude über diese Tage aus und beendete die Versammlung mit einem Dank an die Teilnehmerinnen und alle, die sie ermöglicht haben.
Samstag, 20.04.2024
Wir treffen uns um 6.45 Uhr zur Abschluss-Eucharistie, um dem Herrn zu danken, und treten dann die Rückreise in unsere Heimatorte an. In unseren Herzen tragen wir die Freude, eine intensive und angenehme Gemeinschaftserfahrung in Teresas Familie gemacht zu haben.
Der Prozess der Überarbeitung der Konstitutionen geht weiter, jetzt mit neuem Elan. Wir haben einige Schritte und eine Arbeitsmethodik festgelegt, und vor allem wollen wir den Stil des Dialogs, den wir gelebt haben, weitergeben: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unser Leben erleuchtet und verwandelt wird, wenn wir uns dem aufrichtigen Hören auf den Geist und auf unsere Brüder und Schwestern öffnen. Möge der „Geist von Nemi“ uns weiterhin leiten, das teresianische Charisma in immer neuer Weise zu leben.