Heute feiern wir das Leiden und den Tod Jesu in diesem vom Krieg gebeutelten Land, mit dem Gekreuzigten und den Opfern aller Kriege und Ungerechtigkeiten. Das Heulen der Sirenen, die eine Viertelstunde lang nicht aufhören, weckt mich um 6 Uhr, Sirenen und Alarmglocken. Sieht nach einer neuen Luftoffensive aus.

Um 8 Uhr früh feierten wir die Lesehore und die Laudes mit schönen Liedern. Es gibt um diese Zeit bereits etwa 100 Menschen in der Kirche, und der Tag beginnt mit all seinen Überraschungen.

Ich besuche das Kloster und den Bunker unter der Kirche, den der Bürgermeister für den Fall bereithalten wollte, dass Menschen kommen und Zuflucht suchen. In den ersten Tagen des Krieges kamen sie oft zum Schlafen hierher.

Ich besuche mit Vitaly die kleinen Schwestern vom Unbefleckten Herzen, auch bekannt als Ehrendamen, die zu den Schwestern gehören, die uns am ersten Tag nach der Grenze aufgenommen hatten. Wir verbringen eine Zeitlang mit den vier Schwestern, die ein Altersheim betreuen und eine Kindertagesbetreuung anbieten. Eine der Jüngeren interviewt mich für eine katholische Zeitung in der Ukraine; sie fragt mich nach meinem Eindruck von der Situation in der Ukraine und dem, was ich hier mache. Ich erzähle ihr von meinem Wunsch, Ostern mit meinen Brüdern und den Menschen zu feiern, um so die Verbundenheit und Zuneigung des gesamten Ordens und der Kirche sichtbar zu machen. Die Einheit macht uns stark gegen jede Bedrohung.

Einige von uns essen heute nichts als Zeichen der Gemeinschaft mit Jesus und all denen, die durch Hunger und Ungerechtigkeit verwundet sind.

Gegen 16 Uhr rief Rafał eine Gruppe von Ministranten und Jugendlichen zusammen, die sich Oasis nennen. Sie treffen sich normalerweise jeden Sonntag, um sich auszutauschen, zu singen, zu spielen, zu beten und sich Mut zu machen.

Nachmittags um 17 Uhr beten wir den Kreuzweg. Ich soll an den ersten drei Stationen das Kreuz tragen. Bei der dritten wiegt es mir schon sehr schwer, aber hier ist nichts romantisch, und alles hat das Gewicht einer schmerzvollen Realität. Liturgie ist kein Theater, sondern eine echte, blutige Via Crucis. Jede kleine Anstrengung und jede kleine Geste ist ein Zeichen und eine Kommunion mit Jesus, lebendig für das Leben. Ich verfolge die Stationen und nehme hinter mir eine kleine Armee von Mädchen wahr, die ganz gesammelt die Stationen mitgehen. Eine verteilt heimlich Süßigkeiten an ihre Kameradinnen. Zwei von ihnen haben ihren Vater an der Front.

Um 18.00 Uhr ist die Feier der Passion des Herrn, die zwei Stunden dauert, doch niemand sitzt dabei, weder alte noch junge, und alle mit Hingabe, ohne Eile; es erbaut und bewegt mich.

Die Schwestern von der hl. Therese, die das Kloster mitbetreuen, arbeiten mit den Patres zusammen. Ich gebe ihnen einen Teil der Ladung der mitgebrachten Rosenkränze, die die Soldaten bestellt hatten.

Nach den Feierlichkeiten, Abschied von den Brüdern, die mich fragen, wie ich die letzten zwei Tage hier erlebt habe. Sie wollen wissen, ob es mir gut geht. Ich sage, nicht wirklich gut, aber sehr glücklich, bei ihnen zu sein und stolz darauf, dass sie die Menschen begleiten, mit Jesus in ihrer Mitte. Und ich fühle mich gesegnet durch den Glauben und die Wärme dieser geeinten Kirche.

Die Brüder gehen früh zu Bett. In ihren Gesichter zeigen sich Müdigkeit und Hingabe. Verbundenheit in Stille mit jedem, der die Passion Jesu auf der ganzen Welt feiert.