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22 Dezember 2021

Predigt von P. General am Gedenktag des sel. Francisco Palau am 7.11.2021

Liebe Schwestern,

ich bin mit meinem Mitbrüdern gerne hierhergekommen, da es mein Haus, unser Haus ist. Wir sind hier, um Dank zu sagen, um mit Maria, der Königin der Tugenden und der Kirche unser Magnificat zu singen: Danke für das, was uns heute in dieser schwierigen Zeit geschenkt wird, indem wir das überkommene Erbe annehmen, das wir reichlich empfangen haben, aber auch die vor uns liegende Zukunft annehmen. Alles, was mit Francisco Palau zu tun hat, ist mir sehr vertraut und Quelle der Freude: Livron, Aitona, El Montsant, Perpignan, Ibiza, el Vedrá, Tarragona … In einigen seiner Grotten habe ich geschlafen und gebetet, um die Kraft zu erhalten, die ihn beseelt hat, und für das Feuer zu danken, das er in sich trug. Ich bitte ihn, uns auch in dieser entscheidenden und einmaligen Zeit zu entflammen.

 

Wir leben in schwierigen Zeiten: Pandemie, ausgebrochene Vulkane, die alles mit sich fortreißen, Klimawandel, ökologische Katastrophen, Ungewissheit, Flüchtlingsströme, die sich auf den Weg machen und oft nicht ankommen, lautlose Kriege…

 

Das Leben von Francisco Palau verlief in einer gefahrvollen Zeit, ohne Navigationsgerät, geleitet von oft kleinsten Funken von Hoffnung auf eine neue Zukunft. Bei jedem versperrten Weg, öffnete sich ein neuer, ungewohnter, außerhalb des Gewöhnlichen. „Von 1843 bis 1855 habe ich ein Gebirge durchquert, bei Nacht, ohne Pfad, mit Prüfungen von allen Seiten […], in der Hoffnung, dass nach diesem Schatten ein Licht aufstrahle, das den Weg erleuchten würde“ (Brief vom 1. Juni 1855). Jedes Mal zeigt es sich, dass man leichter und besser vorankommt, wenn man in der Vertrautheit des Leibes Christi unterwegs ist. Das Leben des sel. Francisco Palau ist eine einzigartige Mischung von Schwierigkeiten und Chancen, von Widerstand und Begeisterung, von Scheitern und Vertrauen. Es ist ein bewegtes und tiefes Leben, nüchtern und verwurzelt, bekämpft und leuchtend, eingeengt und frei. Francisco ist ein wahrer Meister für Neubeginn und Resilienz.

 

Er ist auch ein mutiger Entdecker der Wege der Innerlichkeit. In der Grotte der Kontemplation empfängt er die Fruchtbarkeit für seine Sendung. Dort kennt sein pastoraler Eifer keine Grenzen und keine Angst, da er nicht sich selbst sucht, und nicht befürchtet, sich zu verlieren. Er sucht nur, was er liebt, was er „meine Geliebte“ nennt. Er sucht nicht seine Selbstverwirklichung, sondern lässt sich zu einem Werkzeug umformen. Er ist ein unermüdlicher Missionar. Er scheint zum Schweigen und zur Isolation verbannt, doch aus seiner Asche ersteht er leuchtender, demütiger, rebellischer, gehorsamer, mehr Mann der Kirche. Er ist in die Kirche verliebt, die für ihn die personifizierte Liebe Christi ist, sein mystischer Leib. Seine Erfahrung mit der Kirche ist außerordentlich. Die Kirche ist seine Geliebte. Genau sie, die ihn verwundet und misstrauisch beäugt hat, wurde zum Gegenstand seiner Liebe. Welch bewundernswerte Treue!

 

Es gibt vieles in uns und in unserer Zeit, das durch Francisco Palau erleuchtet wird, so dass er sehr aktuell ist. In ihm finden wir viel Lebensweisheit. Er hindert uns nicht daran, uns zu verlieren und Risiken einzugehen, denn er erhellt unsere Nacht.

 

Das 19. Jahrhundert ist eine Zeit voller Chancen, obwohl offensichtlich alles zum Schlechten hinneigt: Krieg (Invasion der Franzosen), Exklaustration, Vertreibung mit Exil in Frankreich, Pest, Ansteckung, Tod. Solche Ereignisse kennzeichnen das Jahrhundert, in dem Francisco Palau gelebt hat, sie haben ihn zu dem Mann und Heiligen gemacht, der er ist: Das Feuer des Elias, die Liebe zur Kirche Teresas, die Umwandlung in der Verbannung, die Abgeschlossenheit in den Grotten seiner Innerlichkeit, die missionarische Kreativität. Inmitten von Scheitern und Konflikten besitzt er eine geheimnisvolle Fruchtbarkeit.

 

In seiner Grotte hat Francisco eine entscheidende und wichtige Sendung gefunden: nicht tun um des Tuns willen; sich nicht um das eigene Schicksal sorgen, sondern sich selbst vergessen, damit Gott seinen Planverwirklichen kann; die Herausforderung des Kampfes der Seele mit Gott annehmen und sich seinem Plan ergeben. Hier vernimmt man das Wort Gottes, seine Stimme, wie Elias, der dem Engel gehorcht und sich in die Wüste führen lässt und den Weg bis zum Horeb geht, wo er von neuem dass Säuseln des Schweigens Gottes vernimmt.

 

Heute ist Gottes Wort schön und gerecht; hören wir es mit dem Herzen von Francisco Palau:

 

  • GESALBT, gesandt, um die Befreiung und den Armen ein Jahr der Gnade anzukündigen;
  • GEFÜHRT zu dieser Mission, in die dunklen Täler, doch du gehst mit mir, mein Hirte;
  • AUFERBAUT, GEEINT mit Christus, unserem Haupt, für die Auferbauung des ganzen Leibes;
  • GESANDT in die ganze Welt, zur Verkündigung… Treibt Dämonen aus… Sprecht in einer Sprache, die alle verstehen, die Sprache echter und freier Liebe, heilt.

 

Ich bitte Francisco Palau, dass er uns erleuchte, und uns etwas von seiner kontemplativen und missionarischen Glut gebe, von seiner Schöpferkraft und Fähigkeit, sich auf den Weg zu machen. Möge er uns herausfordern, unsere Dämonen vertreiben und uns ermutigen und zu demütigen Söhnen der Kirche machen.

 

Ich bitte dich, Francisco Palau, uns bei der Neuentdeckung unserer Sendung zu helfen:

 

  • Es gibt eine Sendung in die Grotte der Kontemplation, den Kampf der Seele mit Gott, sei es zum Leben oder zum Tod. Wir müssen zulassen, dass Gott uns eine Sendung überträgt, dass er uns von neuem erobert. Das scheint mir ein schöner Plan, die beste Strategie zu sein, sich in Christus zu verlieben.
  • Es gibt eine Sendung zu unseren nicht so nahen Nächsten hin, die ein unerforschtes Land sind, und eine Sendung zu den ganz Nahen, um ihnen zuzuhören, sie zu verstehen, sie zu begleiten.
  • Es gibt auch eine Sendung ins Scheitern, ins Dunkel und in die Nacht, in eine neue Geschichte, dessen Protagonist Gott ist, ein neues Buch Meiner Beziehungen mit Jesus, der Kirche, der Geliebten.
  • Es gibt eine Sendung in die Abnahme, die Schwäche und Gebrechlichkeit unseres demütigen Heeres, das dem Goliath entgegentreten muss, und das ist besser als stark und zahlreich zu sein.
  • Es gibt eine Sendung ins Herz der alten Schwester, die sich nur noch schlecht bewegen kann, für die, die depressiv ist, für die, die sich um die Eltern kümmern muss und ihnen einen Teil oder auch die ganze Zeit widmen muss; für die Oberin und für die, die es nicht ist; für die, die sich müde und überarbeitet fühlt. Das ist heute eine neue Sendung, die es zu entdecken gilt. Dabei ist es schön, dass wir Geschwister sind, um sie gemeinsam zu entdecken und uns bei unserem gemeinsamen Dienst gegenseitig zu helfen.

 

„Ich war in meiner Grotte im Gebet versunken, und da vernahm ich die liebevolle Stimme des Vaters, der zu mir sprach: ‚Komm, meine Tochter, komm.‘ Und die Stimme seines Sohnes: Komm, meine Braut, komm.‘ Und die Tochter des Ewigen Gottes, der bei mir war, stieg auf zu den Wolken, die den Berg bedeckten und zu mir sagte: ‚Komm mit mir, und ich stieg auf den Gipfel dieses Berges.“ (Meine Beziehungen mit der Kirche, am Nachmittag des 11. Mai 1865).

 

20. März 1872: Nächstes Jahr werden es 150 Jahre seit seinem Heimgang sein, und so beginnen wir, das zu feiern. Am Ende seiner Tage hat Francisco Palau sein Leben, sein Schweigen, seine Worte, seine Katechesen und sein Gründungswerk mit dem Geschenk seines Lebens bekräftigt. Ausgesetzt, verwundet und besiegt von seinen Nächsten, um sie zu retten, ohne dabei jemals abgesichert zu sein. Das ist das Siegel für Authentizität, sein Leben hinzugeben. Aber um es hinzugeben, muss man es in der Grotte des Schweigens und der Brüderlichkeit pflegen, sich pflegen und sich pflegen lassen. Herzlichen Dank an Euch alle, dass ihr Euch der Pflege so vieler Menschen gewidmet habt, Euch selbst in Pflege genommen habt und Euch pflegen lasst.

 

Miguel Márquez Calle OCD

Gedenktag des sel. Francisco Palau y Quer, 7. November 2021